Was
beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Die letzten Tage wurden
getrübt durch zunehmende geopolitische Risiken. Die schwache Führung des Präsidenten
der Weltmacht USA öffnet verschiedenen regionalen Akteuren das Spielfeld, um ihren
Machtbereich auszudehnen. Das dreiste Verhalten von Nordkorea ist in diesem
Kontext zu sehen. Weiter kristallisiert sich das Ende der QE-Programme heraus:
Neben der US Fed wird auch die EZB ihre Bilanz zurückfahren. Um die Märkte
nicht zu belasten, werden die Notenbanken jedoch diesen Prozess über viele
Jahre hinziehen.
Wie
wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Ich bin positiv
gestimmt: Die geopolitischen Spannungen werden keinen nachhaltigen Effekt auf
die Finanzmärkte haben und bald vergessen sein. Auch werden die hohen
Bewertungen der Aktien und die künftige restriktivere Geldpolitik die Märkte in
den nächsten Wochen noch nicht belasten. Hingegen unterstützen positive
Meldungen aus der Wirtschaft eine Erholung nach den Einbussen der letzten Woche.
Wo
steht der SMI in zwölf Monaten?
Die hohen Bewertungen
der Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche könnten in den kommenden Monaten
den SMI zurückbinden. Zudem kann die tiefere Notenbankliquidität die
Finanzmärkte zusätzlich belasten, denn eine zu hastige Rückführung der Notenbankbilanzen
würde den Märkten Liquidität entziehen. Ich glaube daher, dass wir in den
nächsten Monaten mit höherer Volatilität rechnen müssen, der SMI aber in einem
Jahr immer noch um 9000 Punkten notieren wird. Eine grössere Korrektur erwarte
ich aufgrund soliden Gewinnwachstums nicht.
Landis+Gyr, Idorsia und Co.: Wer ist Ihr Liebling unter den
Neulingen an der Schweizer Börse?
Da ich Schweizer
Industriewerten hohes Kurspotenzial wegen der guten Konjunktur und des
schwächeren Frankens zuschreibe, ist Landis+Gyr, führend in Stromnetz-Technologie,
mein Favorit. Das Unternehmen dürfte zudem vom hohen Investitionsbedarf der
europäischen Stromversorger profitieren. Das etwas hohe Kursgewinnverhältnis von
Landis+Gyr birgt allerdings ein Enttäuschungspotenzial, sollten sich die hohen
Erwartungen nicht materialisieren.
Zuletzt galt die ganze Aufmerksamkeit dem
Euro-Franken-Kurs. Wie lässt sich mit Währungsschwankungen am besten Geld
verdienen?
Schweizer Small- und
Mid-Caps, die in der Schweiz produzieren und in die EU exportieren, profitieren
am meisten vom günstigen Franken. Um unternehmensspezifische Risiken zu minimieren,
investieren wir mittels eines ETF auf den SMI Midcap Index (SMIM).
Im September passt die SIX den SMI an – Titel werden auf
maximal 18 Prozent der Gewichtung zurückgebunden. Müssen Investoren auf die
Neuerung reagieren?
Diese Massnahme könnte
die Kursentwicklung von Nestlé und Novartis, deren Gewicht im SMI über 18%
liegt, beeinträchtigen. Die SIX hat jedoch die Änderung der Index-Regeln schon
vor Monaten publiziert, sodass diese Information längst im Kurs enthalten sein
dürfte. Ich glaube nicht, dass man sich deswegen sorgen müsste.
Welche Anlageklasse könnte im zweiten Halbjahr 2017
überraschend gut abschneiden?
Zyklische Aktien aus Europa und Japan
werden sich gut entwickeln. Ihre Bewertung ist im Vergleich zu den USA niedrig und
ihre Gewinne profitieren vom guten globalen Wirtschaftswachstum. Zu diesen Zyklikern
gehören Banken- und Industriewerte.
Was ist Ihr Top-Tipp für das zweite Halbjahr 2017?
Ich setze auf Titel der
erwähnten Branchen. Um günstig und diversifiziert zu investieren, empfehle ich,
auf Länder-ETF zu setzen, in welchen die Sektoren Banken und Industrie übergewichtet
sind: Im deutschen Aktienmarkt (DAX und MDAX) sind Industriewerte stark
vertreten, mittlere Schweizer Unternehmen (SMIM) und europäische Bluechips
(Euro Stoxx 50) haben ein Übergewicht in Finanz- und Industriewerten.