Montag, 3. September 2012

US Wirtschaft: wo stehen wir?





Heute möchte ich einen Überblick über den Stand der US-Wirtschaft geben:

1. Die Finanzkrise von 2008 ist mit dem Crash von 1929 zu vergleichen. Wir können daher froh sein, dass wir keine globale Depression und Deflation haben. Es ist daher richtig, eine expansive Geldpolitik zu betreiben, um keine Deflation aufkommen zu lassen.

2. Geldpolitik alleine kann die Wirtschaft in einer schweren Rezession/Depression nicht ankurbeln, da wir in der sog. Liquiditätsfalle gemäss Keynes sind. Expansive Geldpoilitik funktioniert nicht, weil "pushing on a string" nicht funktioniert. Es hätte daher ab 2008 eine wirksame Nachfrageseitigepolitik  gebraucht. Steuergeschenke (Angebotsseitig) nützen nicht, da sie den Konsum nicht antreiben. Stiglitz findet in seinem Buch Freefall zudem das Argument von trickle-down und die invisible hand von Adam Smith einen Schwachsinn (Die Hand sei deswegen unsichtbar weil sie nicht existiere). Allerdings ist die USA heute zu verschuldet um nochmals Geld in Wachstumsprogramme zu stecken. Zudem müssen die US Bürger zuerst wieder Ersparnisse aufbauen, bevor sie wieder gross Konsumieren können.

3. Bei Rezession/Depression spielen psychologische Faktoren mit: Die Ausgabefreudigkeit der Konsumenten und der Investitionswille von Unternehmen und damit das Wirtschaftswachstum sind von Zukunftserwartungen abhängig. Diese Erwartungen werden nur zu einem Teil von Fakten gebildet und zum Anderen von Stimmungen geprägt. Genau diesen Punkt macht ein Paper von Woodford am Treffen von Jackson Hole: Verbale Commitments der kanadischen Zentralbanker, dass sie tiefe Zinsen garantierten, sollte die Wirtschaft nicht wachsen, seien effektiver als Programme wie Quantitative Easing. Ein anderes Beispiel für die Wirkung der Psychologie ist das Sparparadoxon (paradox of thrift), welches besagt, dass Sparbemühungen des Einzelnen zum Zusammenbruch der aggregierten Nachfrage führen. Ein weiteres Beispiel ist ein Artikel des UBS Ökonomen Drew Matus, der die Abnahme des Kapitalstocks in den USA beschreibt: Unternehmen investieren zu wenig, da Sie von einer schwachen zukünftigen Nachfrage ausgehen.

4. Mein Guru für Ökonomie Joseph Stiglitz schreibt in einem Artikel im Vanityfair vom Januar 2012 über den Aspekt des Strukturwandels:
In den 30er Jahre hat der technische Fortschritt es ermöglicht, dass die erhöhte Leistungskraft der Landwirtschaft (durch Dünger) mehr Menschen ernähren konnte (führte zur Bevölkerungsexplosion) und dass durch die Nutzung von Maschinen weniger Arbeitskräfte benötigte. Die Folge war eine verarmte Landbevölkerung, die keine Produkte der Industrie mehr kaufen konnte, was diese ebenfalls in Bedrängnis brachte. Erst die Kriegsvorbereitungen stützte die Wirtschaft wieder und die Arbeitslosigkeit ging zurück.
Seit 20 Jahren erleben wir ebenfalls einen Strukturwandel: die Globalisierung mit Outsourcing, die Jobs der industriellen Massenfertigung in die Emerging Markets verlagert.
Stiglitz meint man müsse in den USA in Infrastruktur, Technologie und Ausbildung investieren, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Allerdings schweigt er das Thema der Verschuldung tot. Neoliberale Ökonomen bezweifeln zwar die Wirksamkeit der Massnahmen, doch möchte ich entgegenhalten, dass in allen erfolgreichen asiatischen Emerging Markets (Korea, China, Taiwan etc.) staatliche Wirtschaftspolitik sehr stark ausgeprägt ist. 

Solange der Konsument in den USA seine Finanzen nicht ins Lot gebracht hat, kann die Wirtschaft nicht nachhaltig wachsen. Das braucht Zeit, aber eventuell könnten die von Stiglitz erwähnten Massnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nützen. Dazwischen kann versucht werden, die Symptome zu lindern (Mit Geldpolitik, Fiskalpolitik und psychologischen Massnahmen). Einen Weg aus der Staatsschuldenproblematik sehe ich durch Inflation, die in wenigen Jahren aufgrund der aufgeblähten Geldmenge kommen könnte. Das wird aber ziemlich unvorteilhaft für die Sparer sein, da sie einen herben Verlust Ihrer Kaufkraft hinnehmen müssen.
Einen Lichtblick bietet jedoch der Häusermarkt, der diesen Sommer an der Talsohle angekommen ist. Die Preise steigen auf einem sehr tiefen Niveau leicht an...

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